Die Valentinskinder

1999 war´s, am Valentinstag, im schönen Dorf Neuharlingersiel,
da haben wir gefeiert, und das doch recht viel,
wir hatten ´ne Menge Gäste geladen,
wir wollten unseren Spaß nur haben,
44 wurd´ ich in dieser benebelten Nacht,
Du hattest es schon auf benommene 55 gebracht,
und weil wir zusammen also 99 waren,
da wollten wir auch an den Prozenten nicht sparen:
wir haben´s dort im Schloß so richtig krachen lassen,
immer wieder da flogen sie hoch die Tassen,
wir hatten uns da doch schon in ein paar Schnäpschen verkeilt,
und die Rechnung haben wir fifty-fifty und schwägerlich geteilt.

Heut´ treffen wir uns wieder, wir zwei Valentinskinder,
wir lassen´s aber angehen ein wenig gesünder,
wir kommen ja nun in die Jahre, zusammen hundertundneun
und woll´n uns heut´ abend noch der Gesundheit erfreun,
gesittet ein Gläschen trinken, gemächlich ein wenig essen,
eigentlich nur die Lasten des Alltags vergessen,
Aber am Ende, da hätt´ ich mich vielleicht doch geniert,
wenn der Wirt dem Enno die Rechung alleine präsentiert!
und so hatt´ ich mir erst für diesen Abend gedacht,
da wird ganz einfach wieder halbe-halbe gemacht.
Das war für mich eigentlich eine ganz klare Sache,
daß ich das so und auf keinen Fall anders mache,
doch mir kamen leise Zweifel, sozusagen starke Bedenken,
denn wer würd´ mich heut´ abend schon groß beschenken?
Wer weiß denn schon, daß ich heut´ den Neunundvierzigsten hab?
Mit Geschenken, da haltet ihr doch nur den Enno auf Trab.
Und da fühlte ich mich innerlich so mathematisch besessen:
von meinen 50 Prozent kannst Du schon mal zehne vergessen.
Und wenn einer noch nach weiteren Gründen fragt,
dem sei dann dies unter uns Valentinskindern gesagt:
Du bist doch ein begüterter oberster Deichbeamter -
und ich bin nur ein Dichter, dazu noch ein verarmter!

Eines Nachts saß ich dann wieder und dachte nach,
über das Leben, die Liebe und weiteres Ungemach,
dachte zurück an das Ende von den sechziger Jahren,
die für mich doch von so viel Pech verfolgt waren,
sah in Gedanken mich auf der Couch zu Hause liegen,
meine faszinierten Augen über die geilen Zeilen fliegen,
sah mich bättern die Seiten in meinem Karl-May-Buch um -
und der Enno, der machte schon mit ´ner Heerenstochter rum!
Während ich also noch mit Winnetou durch die Wüste ritt,
da rittst Du ganz wüst schon auf einem anderen Tripp:
Daß Du hast zuerst mit einer von Annemies Töchtern geschlafen,
das möch ich im Nachhinein noch ein wenig bestrafen:
von den 40 Prozenten, die ich von der Rechnung wollt begleichen,
da kannst Du aber mal sofort weitere zehne abstreichen.
Und wenn einer noch nach weiteren Gründen fragt,
dem sei dann dies unter uns Valentinskindern gesagt:
Du bist doch ein gut betucht und besattelter Deichbereiter -
und ich bin nur ein armer Dichter und Wörter-Fighter!

Nächtens drauf war ich im Geiste schon wieder entrückt,
an die siebziger Jahr´ dacht´ ich zurück ganz verzückt,
wo ich doch jede Nacht war voll Verlangen nach der Lust,
langtest Du schon jede Nacht nach ´ner Heerenstochter Brust!
Während ich also immer auf der Suche nach Adebar war,
Deine Gitte schon zweimal für Dich ein Töchterchen gebar,
seit ich Dich kenn´, warst vom Schicksal Du so reich beschenkt,
da verzichtest doch sicher gern Du auf weitere 10 Prozent!
Und wenn einer noch nach weiteren Gründen fragt,
dem sei dann dies unter uns Valentinskindern gesagt:
Du warst von Anfang an ein vermögender Deichbesamer
und ich bin nur ein Dichter - ein ganz ganz armer!

In der nächsten Nacht sinnierte ich über die achziger Jahr,
und sann und sann, wie hart das Leben für mich einst so war,
denn ich hatte doch damals eine hochschwangere Frau,
die wollt so gern, daß ich ein ganz kleines Häuschen bau,
das baut´ ich auch, denn Bescheidenheit ist meine Zier,
doch der Enno, der kam halt´ immer weiter ohne ihr,
der hat sich gleich einen dreifachen Palast errichtet,
und anschließend auch nicht auf genügend Miete verzichtet!
Dafür wirst Du heut´ auf eine Kleinigkeit verzichten müssen,
wie´s sich gehört nach einem Leben in solchen Überdrüssen,
Du als Mathematikus hast es sicher gleich gedenkt:
Dein Überschwangsleben kost` Dich weitere 10 Prozent!
Und wenn einer noch nach weiteren Gründen fragt,
dem sei dann dies unter uns Valentinskindern gesagt:
Du bist doch ein geldgebeutelter Deicherrichter
und ich bin nur gebeutelter Poet und armer Dichter!

Dann schlug´s doch dem Faß wirklich den Boden aus der Krone,
also wirklich, Enno ist finanztechnisch nicht ganz ohne:
der schickt mir ´ne Einladung zu meiner eigenen Feier,
und was da stand, das schien mir gar nicht geheuer!
Ich sollte gefälligst auch noch ´nen Obulus mitbringen,
ja ist denn unser Finanzgenie vollkommen von Sinnen,
das gehört doch gestraft, und da fällt mir auch was ein,
ich zieh´ ihm jetzt ab von den Prozenten gleich neun!
Und wenn einer noch nach weiteren Gründen fragt,
dem sei dann dies unter uns Valentinskindern gesagt:
Du bist doch ein reich dekorierter Deich-Designer -
und ich bin nur ein ganz armer Dichter und Reimer!

Doch auf einmal, da plagte mich doch mein Gewissen,
da hätt´ ich mir beim Zählen fast die Zunge zerbissen,
der arme Enno, der hat´s ja doch nicht so weit gebracht,
nur zweimal hat er bei Gitte das Feuer so richtig entfacht:
nur die Bine und die Nadja, also der Töchterlein zwei,
bei mir sind´s an Erbfolgern schon lange glatte drei!
Wem so übel hat mitgespielt das ganze Leben,
dem will ich sofort eine Chance noch geben:
wenn man in 9 Monaten Dich als Papa von 3 Töchtern kennt -
dann kriegst Du von mir doch noch glatt dies eine Prozent!
Und wenn Du hier nach weiteren Gründen fragst,
dann sei Dir dies unter uns Valentinskindern gesagt:
einen Dichter wirst an Kinderzahl Du wohl niemals erreichen -
also bleib mit Deinem armen Samen hinter Deinen Deichen!!

Zum Schluß will ich noch einen Vorausblick wagen,
nur um vorzubeugen etwaigen Fragen:
Es kommt ja bald wieder ein 14. Februar,
und dann - oh ist es nicht wunderbar,
ist rein additiv wieder ´ne Schnapszahl dran,
dann beißen wir zusammen die 111´e an!
Und ich sag Dir, Du verfällst gleich völlig in Trance,
denn dann bekommst Du von mir die einmalige Chance:
ich mach dann nämlich voll das halbe Jahrhundert,
da wird ein wenig gefeiert, nun sei nicht verwundert,
Du als mein Ehrengast, das wär´doch ein Hit:
Hauptsache Du bringst zu der Party 50 Prozente mit!